Filmografie
1974
HERBSTZEITLOSEN
mit Doris Kunstmann, Horst Frank, Nicolas Brieger.
Drehbuch: Dagmar Damek
Regie: Dagmar Damek
BR, Film und Teleclub Hellmut Haffner, 90 Min.
Kamera: Hannes Schindler
Ausstattung: Hans Gailling
Kostüm: Hans Gailling
Schnitt: Karin Fischer
Regieassistenz: Franz X. Bogner
Synopsis:
Nach Jahren trifft Melanie ihren ehemaligen Geliebten Jan wieder, der inzwischen zurückgezogen in einem ererbten Haus auf dem Land lebt. Ohne ein Wort zu verlieren nehmen die beiden ihre Beziehung wieder auf und vom ersten Moment an verstricken sie sich wieder in das verhängnisvolles Rollenverhalten, das schon damals der Grund für ihre Trennung war. Es scheint ihre einzige Möglichkeit, miteinander umzugehen. Jan lässt keine Gelegenheit aus, Melanie zu demütigen. Sie nimmt es hin, widerspruchslos, - heiter fast, bis sie ihn schließlich, - ohne dass es sich in ihren Reaktionen angekündigt hatte vergiftet, - mit einem Medikament, auf das er angewiesen war, einem Extrakt aus Herbstzeitlosen, - oder hat sie sich nur in der Dosierung vertan und versäumt, rechtzeitig Hilfe zu holen?
Der Arzt Torka, eine Zufallsbekanntschaft, der die Eskalation dieser Hörigkeit fasziniert beobachtet hatte weiß nicht, was wirklich zutrifft. Er will es auch nicht wissen.
Pressezitate:
AZ München, Ponkie, 12. Mai 1975.
Am Samstag lohnte sich ein Blick ins Dritte Programm: „Herbstzeitlosen“ Erstlingsfilm von Dagmar Damek, erzählte eine Dreierbeziehung zwischen Leuten, die einem eigentlich schon nach einer Viertelstunde zum Hals raushängen so extravagant ( und brillant besetzt ), dass einem darüber ein gewisser Ästheten - Manierismus ganz unwichtig wurde.
SZ München, H.G. Pflaum 12. Mai 1975.
... Hier liegt eine der Stärken dieses Films: So zaghaft seine melodramatischen Momente auch inszeniert sein mögen – so konsequent wird die Perspektive einer Frau durchgehalten, ohne dass sich dabei jemals Traktat Töne einschleichen würden, Jan und Torka, die beiden Männer sind selbstsichere Egozentriker, einer Zuwendung unfähig, stets darauf bedacht, sich nicht durch menschliche Bindungen in schwächende Abhängigkeit zu begeben. Statt Menschen zu brauchen, gebrauchen sie sie. Für Jan ist das Mädchen Melanie Objekt der Unterdrückung, der Demütigung, für Torka Gegenstand zynischer Neugier : Er, der zunächst als Kontrastfigur sinnvollere Beziehungen andeutet, entwickelt sich zum Voyeur, der auch als Arzt nicht bereit ist, Verantwortung zu übernehmen.
Dazwischen bewegt sich Melanie wie in einem Gefängnis, ihre Versuche, sich befreiend einer Außenwelt zu öffnen, kommen kaum über ohnmächtige Gesten
hinaus, - und wenn, wie beim Kinderfest, die Chance befreienden Glücks sich andeutet, dann ist es Jan, der sich sofort bedroht fühlt und eingreift.
Die komplexe Vieldeutigkeit, die Überlagerung mehrere Ebenen, zeichnen diesen Film schließlich noch mehr aus als die handwerklich hervorragende Zusammenarbeit zwischen Regie, Kamera und Ausstattung.
Das Debüt ist gelungen, auf weitere Arbeiten darf man neugierig sein.
epd, Thomas Thieringer, 17. Mai 1975
Beklemmender Ist- Zustand. „ Herbstzeitlosen“, Fernsehfilm von Dagmar Damek.
Die erste Reaktion auf diesen Film war Ärger, ja fast Widerwillen – aber artikulieren ließ sich dieser kaum. Da hatte eine junge Regisseurin, die sich mit Dokumentationen und Porträtstudien ins Bewusstsein gebracht hatte, mit ihrem ersten ( Fernseh ) Spielfilm eine ästhetisch perfekte Arbeit abgeliefert, Bilder, Szenen komponiert, die jedes für sich genommen handwerkliche Meisterschaft verrieten, von delikatem Raffinement die Farbdramaturgie, die Raumgestaltung, effektsicher der Schnittrhythmus, fehlerloser Kameraführung und überzeugend die Führung der Schauspieler... Viel Kunstanstrengung für eine Geschichte, die sich darüber zu verflüchtigen schien - eine edle, dekorative Verpackung für eine Belanglosigkeit?...... so gewinnt der Film ( und dieser „Mangel“) eine sinnfällige Kraft, erweist sich da Ärgernis, der Widerwille als produktiv. Dagmar Damek lässt ihre Figuren durchspielen was wäre wenn...?
Irritierend an dieser Geschichte, Damek nennt sie eine Liebesgeschichte - dass Aufwand und Inhalt zunächst so wenig zusammenzupassen schienen...
...Was sich zunächst ausnimmt wie eine flotte, weltfremde, traurige Liebesgeschichte, erweist sich, ganz selbstverständlich und nur mit den Mitteln des Films, eines optischen Traums erzählt, als eine treffende, pessimistische, gnadenlose Zustandsbeschreibung einer unmenschlichen, weil den Mitmenschen nur noch als Dekoration, Steigbügelhalter missbrauchend, veräußerlichten Gesellschaft.
... denn mit ihrem Erstlingsfilm „ Herbstzeitlosen“ gelang Dagmar Damek ein Film, der sie als großes Regietalent ausweist.
Hamburger Abendblatt, Simon Phillip, 19. 5. 1976
.... am Ende zählt bei einem Debüt- Film wie „Herbstzeitlosen“, ob er sich abhebt von der Dutzendware, die sonst im Fernsehen angeboten wird. Das hat er. Mehr noch: Er hat Handschrift gezeigt, fast schon einen eigenen Stil.
Auf einen zweiten Damek-Film darf man gespannt sein.
Gong, Tipp der Redaktion, Bob Borrink
Diese Romanze geht zu Herzen
Man fühlt sich leicht an Strindberg oder Tolstoi erinnert , wenn man die verhängnisvolle Abhängigkeit von Jan und Melanie in „ Herbstzeitlosen“ betrachtet. Ein tragisches nicht-voneinander–Loskommen ist mit der Unfähigkeit gekoppelt, den anderen zu verstehen, mit ihm glücklich zu werden. Und das alles hat Dagmar Damek in verweht-schönen Farben dargestellt.